Die Bonitätsprüfung ist ein essenzieller Bestandteil jeder Kreditvergabe und ein entscheidender Faktor für Banken und Kreditgeber. Doch warum unterscheiden sich die Bewertungen von Bank zu Bank? Dieser Blog beleuchtet die verschiedenen Ansätze, die Finanzinstitute in ihrem Scoring anwenden, und erklärt, wie gesetzliche, regionale und individuelle Faktoren Einfluss nehmen.
Wie Banken ihre Kunden bewerten: Strategien im Scoring
Die Bonitätsbewertung ist ein zentraler Bestandteil der Kreditvergabe. Doch warum führen unterschiedliche Ansätze in der Bewertung dazu, dass Kunden bei verschiedenen Banken zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen? In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die Strategien, die Banken anwenden, um ihre Kunden zu bewerten.
Unterschiedliche Geschäftsstrategien im Scoring
Risikotoleranz der Institute
Nicht alle Banken haben die gleiche Risikotoleranz. Während einige Institute bewusst Kunden mit niedrigerem Scoring akzeptieren, um höhere Zinsen zu verlangen und Risiken zu kompensieren, bevorzugen andere eine konservative Strategie. Letztere arbeiten ausschließlich mit Kunden, die eine exzellente Bonität aufweisen, um das Risiko von Zahlungsausfällen zu minimieren.
Die Risikobereitschaft einer Bank wird durch ihre strategischen Ziele bestimmt. Aggressivere Banken streben Gewinnmaximierung durch riskantere Geschäfte an, während risikoaverse Banken Stabilität und langfristige Sicherheit priorisieren.
Zielgruppenorientierte Ansätze
Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Zielgruppenstrategie. Einige Banken richten sich gezielt an Selbstständige, junge Erwachsene oder Menschen mit geringerem Einkommen. Diese Gruppen erfordern oft angepasste Bewertungsmodelle, da sie unterschiedliche finanzielle Profile aufweisen.
- Junge Erwachsene: Ohne umfangreiche Kredithistorie könnten alternative Kriterien wie Bildungsniveau oder potenzielles Einkommen eine Rolle spielen.
- Selbstständige: Die Bewertung basiert oft auf Umsatz oder Geschäftsprognosen.
Individuelle Bewertungsmodelle
Unterschiedliche Gewichtung der Kriterien
Jede Bank entwickelt eigene Bewertungsmodelle. Während manche Banken das Einkommen eines Kunden in den Vordergrund stellen, legen andere größeren Wert auf die Historie der rechtzeitigen Rückzahlung von Krediten. Solche Unterschiede erklären, warum derselbe Kunde bei verschiedenen Banken unterschiedliche Scoring-Werte erhält.
Einsatz moderner Algorithmen
Der technologische Fortschritt hat die Bonitätsbewertung revolutioniert. Banken nutzen zunehmend KI-gestützte Algorithmen, die eine Vielzahl von Variablen berücksichtigen und so eine präzisere und schnellere Bewertung ermöglichen.
Berücksichtigung interner Daten
Einige Banken greifen auf interne Datenquellen zurück, etwa das Verhalten bestehender Kunden. Regelmäßige Kreditkartenrückzahlungen oder hohe Guthaben auf Sparkonten können sich positiv auf die Bonitätsbewertung auswirken.
Gesetzlicher Spielraum
Vorgaben des Konsumkreditgesetzes (KKG)
Das Schweizer Konsumkreditgesetz (KKG) verpflichtet Banken, die Bonität eines Kunden zu prüfen. Gleichzeitig bietet es Spielraum für individuelle Auslegungen.
- Tragbarkeit: Banken berechnen unterschiedlich, ob sich ein Kunde einen Kredit leisten kann. Manche folgen standardisierten Ansätzen, andere setzen auf flexible Methoden.
- Hypothetischer Zinssatz: Das KKG schreibt einen Zinssatz von 10 % für die Berechnung der Tragbarkeit vor, was Banken jedoch unterschiedlich interpretieren.
Datenquellen und deren Qualität
Nutzung von ZEK- und IKO-Daten
Die meisten Banken verwenden Daten von zentralen Auskunfteien wie ZEK (Zentralstelle für Kreditinformationen) und IKO (Informationsstelle für Konsumkredite). Obwohl die Basisdaten identisch sind, bewerten Banken diese Informationen unterschiedlich.
- Ein Institut könnte die Häufigkeit von Kreditanfragen höher gewichten.
- Ein anderes könnte den Fokus auf bestehende Kreditverträge legen.
Alternative Datenquellen
Mit dem technologischen Fortschritt nutzen einige Banken alternative Datenquellen:
- Kreditkartennutzung: Häufigkeit und Art der Transaktionen geben Einblick in das Ausgabeverhalten.
- Mobile Transaktionen: Zahlungen über Smartphones liefern zusätzliche Datenpunkte.
- Online-Aktivitäten: Kaufverhalten auf E-Commerce-Plattformen könnte in die Bewertung einfließen.
Traditionelle Banken bevorzugen jedoch oft klassische Methoden.
Kundenbindung und Wettbewerb
Aggressive Marketingstrategien
In wettbewerbsintensiven Märkten akzeptieren einige Banken bewusst Kunden mit niedriger Bonität, um Marktanteile zu gewinnen. Diese Strategie wird durch höhere Zinssätze oder kürzere Laufzeiten kompensiert.
Anreize für Bestandskunden
Bestehende Kunden mit positiver Historie profitieren oft von besseren Konditionen. Ziel ist es, die Kundenbindung zu stärken und die Beziehung zur Bank auszubauen.
Wirtschaftliche und regionale Faktoren
Regionale Unterschiede
In ländlichen Gebieten mit niedrigeren Einkommen passen Banken ihre Scoring-Modelle an, während in städtischen Regionen höhere Lebenshaltungskosten eine Rolle spielen.
Einfluss der Marktlage
Wirtschaftliche Unsicherheiten, etwa während einer Rezession, führen zu strengeren Bonitätsanforderungen. In Wachstumsphasen lockern Banken hingegen ihre Kriterien, um der gesteigerten Nachfrage nach Krediten gerecht zu werden.
Fazit
Die Bonitätsbewertung ist ein komplexer Prozess, der von verschiedenen Faktoren wie Geschäftsstrategien, gesetzlichen Vorgaben und technologischen Entwicklungen beeinflusst wird. Kreditnehmer sollten diese Unterschiede verstehen und die Angebote verschiedener Banken vergleichen, um die besten Konditionen zu finden.
Häufig gestellte Fragen (FAQs)
1. Warum unterscheiden sich Bonitätsbewertungen zwischen Banken? Unterschiedliche Bewertungsmodelle, Zielgruppen und Risikostrategien führen zu abweichenden Ergebnissen. Jede Bank legt eigene Gewichtungen und Prioritäten fest.
2. Welche Rolle spielen alternative Daten bei der Bonitätsprüfung? Alternative Daten wie mobile Transaktionen oder Online-Aktivitäten bieten zusätzliche Einblicke in das Finanzverhalten, werden jedoch nicht von allen Banken genutzt.
3. Wie beeinflusst das Konsumkreditgesetz (KKG) die Bonitätsprüfung? Das KKG schreibt eine Bonitätsprüfung vor, lässt aber Spielraum bei der Umsetzung, beispielsweise bei der Berechnung der Tragbarkeit.
4. Können Kunden ihre Bonität verbessern? Ja, durch regelmäßige Zahlungen, den Abbau von Schulden und eine sparsame Kreditnutzung können Kunden ihre Bonität langfristig steigern.
5. Welche Banken nehmen Kunden mit niedrigem Scoring auf? Oft sind es Banken mit aggressiveren Wachstumsstrategien, die bewusst Kunden mit geringer Bonität akzeptieren, jedoch höhere Zinsen verlangen.
6. Gibt es regionale Unterschiede bei der Bonitätsbewertung? Ja, Banken passen ihre Modelle häufig an regionale Besonderheiten und typische Kundenprofile an.